Interviews:

Interview mit dem Bezirksvorsteher Kai Jehle-Mungenast:

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-        Haben Sie sich Vaihingen explizit ausgesucht?

 

Ø  Natürlich! Ich habe mich bewusst für den Stadtbezirk Vaihingen beworben. Da ich einige Jahre in Dürrlewang gelebt habe, habe ich den Stadtbezirk kennen und lieben gelernt. Vaihingen hat mit seinen Stadtteilen eine hohe Lebensqualität und wunderbare Bürgerinnen und Bürger. Für diese lohnt es sich als Bezirksvorsteher Tag täglich zu engagieren. Dabei hilft mir auch meine vorherige berufliche Tätigkeit als Geschäftsführer des katholischen Stadtdekanats Stuttgart und der Stiftung Katholische Kirche in Stuttgart, da ich als solcher bereits intensiv mit der Stadtverwaltung und dem Gemeinderat zusammengearbeitet habe.

 

-        Trotzdem sind Sie nach Ludwigsburg gezogen?

 

Ø  Meine Frau arbeitet als Jugendreferentin in Ludwigsburg und hat damit wie ich einen Beruf mit außergewöhnlichen Arbeitszeiten. Deshalb haben wir für unsere gemeinsame Wohnung einen Ort gesucht, von dem aus wir beide unsere beruflichen Anforderungen und Termine gut meistern können. Für mich war bei der Wohnungssuche vor allem auch ein guter Anschluss an die S-Bahn wichtig, da ich ja auch häufig für Vaihingen Termine im Rathaus in der Innenstadt wahrnehmen muss. Aber letztlich war die Wahl des Wohnorts reiner Zufall, da wir nach längerer Suche unsere jetzige Wohnung gefunden haben.

 

Im Umkehrschluss bedeutet das aber auch, dass ich die Not des Stuttgarter Wohnungsmarktes aus eigener Erfahrung kenne und mich sorgt. Ich sehe hier eine der großen politischen Herausforderungen für uns als Landeshauptstadt: Wir brauchen wieder mehr bezahlbaren Wohnraum, oder für all die diejenigen, die bewusst oder aufgrund der Wohnungssitzung außerhalb der Landeshauptstadt wohnen, gute Verkehrsanbindungen für das tägliche Pendeln.

 

-        Hat da die Stadt die Möglichkeit darauf zu schauen, um zu gucken, dass dann ein Ausgleich stattfindet zwischen bezahlbaren Immobilien und dem aktuellen Markt?

 

Ø  Bedingt, schließlich liegt hier eine große Verantwortung im Markt selbst. Soll aber nicht heißen, dass wir als Stadt nicht auch Werkzeuge haben, beispielsweise mit aktualisierte Bebauungsplänen, mit der schnelleren Bearbeitung von Bauanträgen oder durch unsere Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft. Aber auch Baugenossenschaften haben für mich für diese Aufgabe einen großen Wert. Deshalb bin ich auch Mitglied der Filderbau-Genossenschaft.

 

Außerdem braucht es mutige Entscheidungen, vor allem beim Thema der Nachverdichtung. Hier haben wir mit der Potenzialanalyse Wohnen ein transparentes Werkzeug an der Hand, mit dem alle möglichen Optionen erfasst wurden. Außerdem brauchen wir zukunftsfähige Wohnformen. Ich möchte mit dem Neubau der Bietigheimer Wohnbau in Dürrlewang ein Bespiel heraus greifen, bei dem es uns gelungen ist Raum besser zu nutzen. Dieses neue Gebäude umfasst einen LIDL und hat auf dem Dach dieses Einkaufsmarkts zahlreiche Wohnungen geschaffen. Nicht wie früher, wo solche Einkaufsmärkte viel Raum belegten und mit einstöckigen Flachbauten versiegelten.

 

 

 

-        Da passt dann gerade die Frage zur Rohrer Mitte?

 

Ø  Dort haben wir in den nächsten Jahren die Chance die Roher Mitte aufzuwerten. Die ersten Schritte sind gemacht, in dem wir als Stadt zentrale Grundstücke erworben und die alten Flachbauten am Kreisel abgerissen haben. Jetzt ist der Blick frei auf das dahinterliegende wunderbar sanierte Fachwerkhaus. Nun stellt sich die Fragen, wie zukünftig dieses Grundstück genutzt werden soll. Als Möglichkeiten werden aktuell eine Wohnbebauung mit der Option eines Cafés, einem öffentlichen Raum oder einem anderen Geschäft untersucht. Dabei soll aber der Platzcharter zum Kreisel hin erhalten bleiben, so dass der Blick auf das Fachwerkhaus weitestgehend frei bleibt. Aber die Überlegungen sind hier noch in seiner sehr frühen Phase, zumal der Bebauungsplan geändert werden muss. Mir ist wichtig, dass sich der nun dort entstandene Schotterplatz in den nächsten Jahren bis zu einer möglichen Neunutzung nicht zu einem Parkplatz oder zu einem Schuttabladeplatz entwickelt. Deshalb gibt es einen Antrag des Bezirksbeirats, der eine Zwischennutzung vorschlägt.

 

Ø   

 

-        Dann gibt es noch weitere Bauprojekte in Rohr: Das Hans-Rehn-Stift und das Heim in der Arthurstraße?

 

Ø  Das ehemalige Diakonissenheim an der Arthurstraße steht aktuell leer. Dort waren ja einige Jahr Flüchtlinge untergebracht. Nun soll das Grundstück komplett neu als Areal mit Wohnungen für Seniorinnen und Senioren und einem Pflegeheim entwickelt werden. Wir als städtische Ämter begleiten das Vorhaben, der Ball liegt aber beim Eigentümer. Dieser hat bereits einen Architektenwettbewerb ausgelotet, in dessen Jury ich und unser Vaihinger Stadtseniorenrat mitwirket haben. Die Modelle und Pläne waren übrigens einige Wochen im Häussler-Bürgerforum ausgestellt. Außerdem fand ein runter Tisch des Bauträgers mit den Rohrer Vereinen und Kirchen statt, bei dem wir gemeinsam überlegt haben, wie ein solches Areal gestaltet sein muss, damit sie dort lebenden älteren Menschen in die Gemeinschaft des Stadtteils Rohr integriert werden können.

 

Ø  Deutlich weiter ist das Vorhaben des Neubaus des Hans-Rehn-Stifts auf der Rohrer Höhe. Notwendig wird dieser unter anderem durch neue gesetzliche Vorgaben. Das Bauvorhaben des städtischen Eigenbetriebs Leben und Wohnen ist geplant und von den Gremien beschlossen. Dabei möchte ich aber nicht verschweigen, dass die Mehrheit des Bezirksbeirats den ursprünglichen Planungsentwurf kritisch gesehen und etliche Änderungen formuliert hat. Mittlerweile wurden etliche dieser Vorschläge des Bezirksbeirats in die Planungen übernommen und damit den Entwurf deutlich verbessert.

 

 

 

-        Veralterung der Gesellschaft, kaum seniorgerechte Wohnungen, viele haben das Geld nicht, ihre Wohnung umzubauen, oder in eine altersgerechte Wohnung zu ziehen. Daher soll das Hans-Rehn-Stift Mehrgenerationenprojekt werden?

 

Ø  Mir ist sehr wichtig, dass Vaihingerinnen und Vaihinger, wen sie älter werden und besondere Anforderungen an den Wohnraum haben oder vielleicht sogar einer Pflege bedürfen, weiterhin bei uns im Stadtbezirk leben können. Schließlich ist hier ihr soziales Umfeld: Freunde und Bekannte, Vereine, das kulturelle Leben, die bekannten Spazierwege und Einkaufsmöglichkeiten. Gerade im Alter fällt es schwer, all das neu aufzubauen. Daher droht meist mit einem Wegzug in eine Einrichtung außerhalb der eigenen Heimat die Vereinsamung. Ich möchte, dass der Stadtbezirk Vaihingen Heimat für Jung und Alt ist; und natürlich auch für alle dazwischen.

 

 

 

Ø   Wird dann auch geschaut, wenn Senioren nicht so gut bei Kasse sind, dass man ihnen auch Wohnungen anbieten kann? In den Nachrichten ist zu hören, dass es die Befürchtung gibt, dass die Altersobdachlosigkeit zunimmt.

 

Ø  Diese Sorge kann ich nachvollziehen. Zum Bezirksamt gehört auch der Bürgerservice Soziale Leistungen, zu dem die Aufgaben der Grundsicherung, des Wohngelds und der Rentenstelle zählen. Dadurch haben wir einen guten Einblick in die Gesamtsituation der Menschen hier im Stadtbezirk und wissen, dass es auch bei uns Not, Bedürftigkeit und Existenzängste gibt. Allerdings, wie in ganz Stuttgart, eher im Verborgenen. Mit unserem Bürgerservice Soziale Leistungen versuchen wir zu helfen und zu begleiten. So muss glücklicherweise niemand Hunger leiden und jeder kann den Anspruch auf ein Dach über dem Kopf.

 

Ø  Besonders schätze ich aber das zahlreiche meist ehrenamtliche Engagement der zahlreichen Vereine, Gruppen und Kirchen bei uns im Stadtbezirk. Beispielswiese hat der Bund der Selbstständigen während der Corona-Pandemie kostenlose Mittagessen an ältere Menschen verteilt, oder die Lions-Clubs helfen beim Bau von neuen Spielplätzen. Und auch mein Team bringt sich über den normalen Dienst ein und hat nun bereits zweimal im Bezirksrathaus einen Weihnachtswunschbaum initiiert.